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Brief an die Aktionäre

Uwe Fröhlich und Cornelius Riese, Co-Vorstandsvorsitzende der DZ BANK

Sehr geehrte Damen und Herren,

in einem fordernden Geschäftsjahr erzielte die DZ BANK Gruppe ein erfreuliches Ergebnis in Höhe von 1,8 Milliarden Euro vor Steuern. Damit bewegt sich das Resultat leicht oberhalb unserer Erwartungen. Die gute operative Entwicklung des Vorjahres konnte in allen Einheiten der DZ BANK Gruppe fortgesetzt werden. Das Fundament dafür bilden unser breit aufgestelltes Geschäftsmodell und die enge Zusammenarbeit innerhalb der Genossenschaftlichen FinanzGruppe. 

Das Geschäftsjahr 2022 war dabei von extremen Unsicherheiten geprägt – zu den Nachwirkungen der Corona-Pandemie kam Anfang des Jahres der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der seit nunmehr einem Jahr unfassbares Leid verursacht. Dieses Ereignis – zurecht als „Zeitenwende“ bezeichnet – prägt seither auch maß-geblich das politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland und Europa. Steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie eine Rekordinflation trübten die konjunkturellen Aussichten stark ein. Auch die positive Dynamik an den Kapital-märkten fand infolge der geopolitischen Lage und einer schnell vollzogenen globalen Zinswende ein abruptes Ende.

Neben der Umsetzung der Sanktionen gegen Russland war die Finanzwirtschaft insbesondere bei der Unterstützung der Unternehmen gefordert. Dies prägte auch unser Kundengeschäft, das deutliche Zuwächse verzeichnete. So hat die DZ BANK – Verbund und Geschäftsbank in ihrem Kapitalmarkt- und Firmenkundengeschäft den gestiegenen Liquiditätsbedarf ihrer Kunden für Investitionen und zur Absicherung von Lieferketten und Rohstoffen unterstützt. Auch das Transaction Banking verzeichnete eine starke Nachfrage. Die DZ HYP verbuchte weiterhin ein stabiles, wenn auch im Jahresverlauf nachlassendes Kundengeschäft und erzielte einen wesentlichen Ergebnisbeitrag. Die Union Investment erreichte erneut ein sehr erfreuliches Ergebnis auf hohem Niveau bei marktbedingten Rückgängen im verwalteten Volumen und im Nettoabsatz. Im Zuge der Zinswende konnte die Bausparkasse Schwäbisch Hall das Bausparneugeschäft signifikant steigern und verbuchte ein gutes, durch Sondereffekte geprägtes Ergebnis. Die R+V Versicherung verzeichnete ein stabiles Kundengeschäft. Gleichwohl führte die Entwicklung an den Finanzmärkten zu einem deutlichen Rückgang im Kapitalanlageergebnis der R+V Versicherung. Die Risikosituation blieb insgesamt unauffällig. Zudem haben wir mit der Integration der DVB Bank in die DZ BANK AG ein wichtiges Projekt erfolgreich abgeschlossen.

„Neben der Umsetzung der Sanktionen gegen Russland war die Finanzwirtschaft insbesondere bei der Unterstützung der Unternehmen gefordert. Dies prägte auch unser Kundengeschäft, das deutliche Zuwächse verzeichnete.“

Die wesentlichen Ergebnisse im Einzelnen:

Der Zinsüberschuss der DZ BANK Gruppe lag mit 3,32 Milliarden Euro über dem guten Niveau des Vorjahres (2021: 2,79 Milliarden Euro). Maßgeblich hierfür waren der Anstieg bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall sowie das erfreuliche Kundengeschäft der Verbund- und Geschäftsbank. Der Provisionsüberschuss sank im Vergleich zum Vorjahr (2021: 2,94 Milliarden Euro) auf 2,75 Milliarden Euro. Dies ist insbesondere auf die Union Investment mit einem erwartungsgemäßen Rückgang der performance-abhängigen Komponenten sowie den Rückgängen an den Aktienmärkten zurück-zuführen. Das Handelsergebnis stieg bei gutem operativem Kapitalmarktgeschäft insbesondere aufgrund IFRS-bedingter Bewertungseffekte bei der Verbund- und Geschäftsbank deutlich auf 823 Millionen Euro (2021: 152 Millionen Euro). Das Ergebnis aus Finanzanlagen verzeichnete einen Rückgang auf minus 119 Millionen Euro (2021: 245 Millionen Euro). Grund hierfür waren geringere Ergebnisse aus der Veräußerung von Schuldverschreibungen bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall sowie von Eigenanlagen der Union Investment infolge der Kapitalmarktentwicklungen. Das Sonstige Bewertungsergebnis aus Finanzinstrumenten sank auf minus 286 Millionen Euro (2021: 242 Millionen Euro). Maßgeblich hierfür waren negative Veränderungen der bewerteten Garantieversprechen sowie der Eigenanlagen bei der Union Investment. Angesichts der volatilen Entwicklung an den Finanzmärkten und dem damit verbundenen Rückgang im Kapitalanlageergebnis der R+V Versicherung fiel das Ergebnis aus dem Versicherungsgeschäft – auch rechnungslegungsbedingt – auf minus 179 Millionen Euro (2021: 842 Millionen Euro). Die Risikovorsorge belief sich in Anbetracht des eingetrübten konjunkturellen Ausblicks auf eine Nettozuführung in Höhe von 304 Millionen Euro, nach Nettoauflösungen in Höhe von 120 Millionen Euro im Jahr 2021. Ein wesentlicher Teil der Zuführungen ergab sich aus der Berücksichti-gung der erwarteten makroökonomischen Entwicklungen. Die Verwaltungs-aufwendungen nahmen auf 4,45 Milliarden Euro (2021: 4,27 Milliarden Euro) zu.

Dieses gute Ergebnis fußt auf der Leistungsbereitschaft und dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DZ BANK Gruppe. Dafür sprechen wir ihnen im Namen des gesamten Vorstandes unseren Dank aus.

Die Kapitalausstattung der DZ BANK Gruppe ist weiterhin gut, wenngleich die harte Kernkapitalquote zum 31. Dezember 2022 auf 13,7 Prozent (31. Dezember 2021: 15,3 Prozent) gesunken ist. Maßgeblich für diesen Rückgang sind insbesondere temporäre Bilanzierungseffekte bei der R+V Versicherung. Der DZ BANK Gruppe angehörend muss die R+V Versicherung ihre Aktivseite bereits gemäß IFRS 9 marktwertnah bewerten. Die Passivseite und damit die Verpflichtungen gegenüber den Versicherungsnehmern werden erst mit der Umstellung auf IFRS 17 ebenfalls marktwertnah behandelt. Dies führt zum Ausweis eines technischen Zinsänderungsrisikos, das aufgrund des starken Zinsanstiegs in der Berichtsperiode temporär wirksam ist. Daraus ergibt sich – ebenfalls temporär – ein negativer Ergebnisbeitrag und ein deutlich rückläufiger Beitrag zur Kapitalquote. Gegenläufige positive Effekte erwarten wir durch die Einführung von IFRS 17 für die Passivseite der R+V Versicherung mit entsprechend deutlich positiver Auswirkung auf die harte Kernkapitalquote zum 30. Juni 2023.

Unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines sorgsamen Kapitalmanagements wird ein Betrag in Höhe von 380 Millionen Euro in den Gewinnvortrag für 2022 eingestellt. Im Laufe der nächsten Monate werden wir darüber hinaus eine neue AT 1 Anleihe als attraktive Investitionsmöglichkeit begeben.

Die ersten Wochen des neuen Geschäftsjahres sind weiterhin durch eine lebhafte Nachfrage im Kundengeschäft geprägt. Das gibt uns Zuversicht. Auch die deutsche Wirtschaft zeigt sich ungeachtet der Vielzahl an Belastungsfaktoren widerstandsfähig. Zwar sank die Wirtschaftsleistung in  Deutschland im 4. Quartal um 0,4 Prozent – in der ursprünglich prognostizierten Tiefe und Breite haben sich die negativen Erwartungen und Extremszenarien bislang jedoch nicht realisiert.  Nichtsdestotrotz bleiben die geopolitische und wirtschaftliche Entwicklung im neuen Jahr mit Risiken behaftet. Unsere Volkswirte gehen aktuell für das Gesamtjahr 2023 von einem leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Inflation dürfte in diesem Geschäftsjahr weiterhin deutlich über der Zielmarke der Europäischen Zentralbank liegen. Auch die Volatilität an den Kapitalmärkten dürfte hoch bleiben, was die DZ BANK Gruppe als große Kapitalsammelstelle in besonderem Maße treffen kann. Vor diesem Hintergrund rechnen wir mit einem Ergebnis innerhalb unserer nachhaltigen Ergebnisspanne von 1,5 bis 2 Milliarden Euro vor Steuern.

Bei aller Dringlichkeit der aktuellen Herausforderungen verlieren wir unsere langfristigen strategischen Aufgaben nicht aus den Augen. Dazu gehört, die Entwicklung hin zu einer CO2-armen Wirtschaft als aktiver Begleiter unserer Kunden weiter zu fördern. Beispielhaft steht dafür die Unterstützung der Energiewende. Im vergangenen Jahr haben wir unser Neukreditvolumen bei Erneuerbaren Energien allein in Deutschland um mehr als 30 Prozent auf 660 Millionen Euro gesteigert. Innerhalb unseres Nachhaltigkeitsprogramms arbeiten wir darüber hinaus an der Weiterentwicklung unseres Nachhaltigkeitsprofils. Mit der Schaffung der Datengrundlage für Steuerung, Reporting und Offenlegung klimarelevanter Daten sowie der Analyse besonders CO2-intensiver Sektoren in unserem Geschäftsportfolio haben wir im abgelaufenen Geschäftsjahr die Basis für die Ableitung geeigneter Dekarbonisierungspfade gelegt. Die erarbeiteten Ergebnisse und Instrumente werden wir auch innerhalb der Genossenschaftlichen FinanzGruppe nutzbar machen, um Synergien zu schaffen.

„Bei aller Dringlichkeit der aktuellen Herausforderungen verlieren wir unsere langfristigen strategischen Aufgaben nicht aus den Augen. Dazu gehört, die Entwicklung hin zu einer CO2-armen Wirtschaft als aktiver Begleiter unserer Kunden weiter zu fördern.“

Die Optimierung unserer Konzernstrukturen und die Hebung unternehmens-übergreifender Effizienzpotenziale verfolgen wir weiterhin mit hoher Priorität. Gleichzeitig nutzen wir die sich uns bietenden Möglichkeiten für Investitionen in die Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen sowie in nachhaltiges Wachstum. Im Verbund wirken wir an strategischen Projekten mit, die die langfristige Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Genossenschaftlichen FinanzGruppe zum Ziel haben. Neben der Beteiligung an der Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft ‚amberra‘ haben wir insbesondere in eine neue Smart Data Einheit investiert. Mit ihr wollen wir das Potenzial datengestützter Kundenansprache für die Genossenschaftsbanken erschließen, den Vertrieb effizienter gestalten und die Kundenbindung verbessern. Diese und weitere Maßnahmen bilden die Grundlage für zukünftige Erträge.

Die langfristigen Auswirkungen der geopolitischen Herausforderungen auf die deutsche und die europäische Wirtschaft können wir derzeit noch nicht ermessen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, alle Kräfte zu mobilisieren und die nötigen Weichen zu stellen, damit unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig und resilient bleibt. Die Genossenschaftliche FinanzGruppe ist dafür sehr gut aufgestellt. Wir kommen aus einer langen Phase des profitablen Wachstums, blicken mit Entschlossenheit und Zuversicht nach vorne und packen die vor uns liegenden Aufgaben an.

 

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Fröhlich
Co-Vorstandsvorsitzender
 
Dr. Cornelius Riese
Co-Vorstandsvorsitzender